Opferhilfevereine und Falschbeschuldigung

Opferberatungsstellen sollten Opfern helfen, nicht schaden! Ein Anspruch, der leider so nicht immer erfüllt wird, denn Opferhilfevereine sind keine Opferberatungsstellen – auch wenn sie sich selbst so nennen. Ein kritischer Blick auf die Opferhilfeeinrichtungen in Deutschland.

Im Gegensatz zum Strafgesetzbuch (StGB) ist der Strafprozessordnung (StPO) das „Opfer“ fremd, vielmehr kennt diese lediglich „Verletzte“. 2021 ist eine Legaldefinition in § 373b StPO aufgenommen worden, wer Verletzte („Opfer“) sind, nämlich „diejenigen, die durch die Tat, ihre Begehung unterstellt oder rechtskräftig festgestellt, in ihren Rechtsgütern unmittelbar beeinträchtigt worden sind oder unmittelbar einen Schaden erlitten haben“.

Opferrolle und Opferanspruch

Entsprechend wird schon zu Beginn des Strafverfahrens die Opferrolle zementiert, auch falls diese höchst unklar ist. Durch diese frühe Festlegung wird selbst einem nur möglichen Opfer ein Opferanspruch zuteil, z.B. (nicht abschließend):

  • Zuwendung und Aufmerksamkeit von allen Seiten
  • Recht auf einen staatlich finanzierten Opferanwalt
  • Opferhilfeeinrichtungen: Opferberatungsstellen und Opferhilfevereine
  • zahlreiche Verfahrensrechte (z.B. Akteneinsicht, aktive Teilnahme am Strafverfahren)
  • Zeugenbetreuung, psychosoziale Prozessbegleitung
  • Opferentschädigung nach dem OEG

Es mag zynisch klingen, aber es ist ein Fakt, dass Opfern von allen Seiten Zuwendung sowie Aufmerksamkeit zuteil wird, ganz gleich ob sie wirklich Opfer sind oder tatsächlich Täter:in. Sie erhalten Informationen von staatlicher Seite in Form von Merkblättern, bereits durch die Polizei, Informationen online zuhauf (z.B. „Opferfibel“), Opferhilfeeinrichtungen wie Opferberatungsstellen, Opferhilfevereine, gesetzlich normierte Rücksichtnahme im Strafverfahren, psychosoziale Prozessbegleitung usw. Rücksicht und Zuwendung sind allgegenwärtig.

Im Gegensatz hierzu: Was erhalten – möglicherweise zu Unrecht – Beschuldigte? Von Seiten der Polizei jedenfalls nur Verachtung und Abneigung und keine Information in Form schicker Merkblätter – bestenfalls die gesetzlich vorgeschriebene Belehrung einmal runtergerattert, oftmals diese nicht einmal protokolliert. Egal wie psychisch labil die Angeklagten inzwischen sind, eine psychosoziale Prozessbegleitung oder ähnliches wird ihnen nicht zuteil.

Das Opfer im Mittelpunkt des Strafverfahrens

Die Stellung des Opfers im Straftaten hat Konjunktur erfahren, im Mittelpunkt des Strafverfahrens steht nicht mehr der (mögliche) Täter, sondern nun das (mögliche) Opfer, eine ganze Opferindustrie ist entstanden:

In Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft hat das Opfer seit Mitte der Siebziger eine erstaunliche Konjunktur erfahren. Zuvor war es eine kaum beachtete Figur. Aus dem religiösen (die Opfergabe) und ethischen (Aufopferung) Kontext stammend, meint „Opfer“ gegenwärtig vor allem: Anerkennung. Aus der Position des Verletzten oder in dessen Namen wird um politische Ansprüche gestritten. Dabei bietet sich die Opferfigur an, private Gefühle des Leids öffentlich zu artikulieren, um Gerechtigkeit und Hilfe einzufordern.

Daniela Klimke, Professorin an der Polizeiakademie Niedersachsen:
Opfer von Sexualverbrechen: Von Ängsten umzingelt (DIE ZEIT 08/2017)

Ohnehin ist Aufmerksamkeit die neue Währung. Wer sie bekommt, gilt als beliebt (geliebt). In den sozialen Medien wird allerorts um Aufmerksamkeit gebuhlt, egal um welchen Preis.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Es war rechtspolitisch richtig, die Position des Opfers im Strafverfahren zu stärken. Aber in den letzten 20 Jahren hat die Schaffung immer neuer Opferansprüche Überhand genommen und „falsche“ Opfer werden hierdurch überhöht. Untrennbar hiermit verbunden ist das Negieren der Häufigkeit von Falschbeschuldigungen, die unkritische Übernahme ersichtlich (und festgestellt) falscher Zahlen, die man nicht Statistik nennen kann in allen Bereichen (Politik, Medien sowie Wissenschaft) und ungeachtet all der Experten, die seit Jahren auf die Häufigkeit von Falschbeschuldigungen hinweisen sowie die Auswirkungen von Falschbeschuldigungen auf die tatsächlichen Opfer.

Opferberatungsstellen

Opferberatungsstellen sind Einrichtungen der Kommunen und Bundesländer, als solche sind sie jedenfalls in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft. Somit gelten für diese verbindliche rechtliche Rahmenbedingungen, z.B. Anspruch auf Beratung für alle Geschlechter, unabhängige und objektive Beratung, die kostenlos und ohne Hintergedanken gewährt wird.

Abseits dieses Beratungsangebots entstanden Opferhilfevereine sowie -hilfeeinrichtungen, die ideologisch und einseitig, jedenfalls nicht neutral arbeiten.

Opferhilfevereine als Opferhilfeeinrichtungen

Seit Anfang der 2000er Jahren haben sich Frauenberatungsstellen professionalisiert und in einem Bundesverband zusammengeschlossen, der seitdem – staatlich finanziert – im besten Sinne Lobbyismus für eine noch weitere Stärkung der Rechte weiblicher Opfer betreibt und sich dabei – ideologisch bedingt – bewusst falscher Fakten bedient („Lügen nach Zahlen“), um nach „Nein heißt Nein“ als nächstes das umstrittene „Ja heißt Ja“ ins Gesetz zu hieven.

Falschbeschuldigungen Statistik und die Rolle der Opferhilfevereine, Opferberatungsstellen und Opferhilfeeinrichtungen

Statistik: „Lügen nach Zahlen“

Der „Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe“ (bff) macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt und Zahlen, die zu dieser Kampagne passen gleich dazu. Glaube keiner Statistik …

Es ist sicherlich nur ein Zufall, dass dieser Zusammenschluss und eine „Professionalisierung“ nach der unrühmlichen Rolle der Opferhilfevereine, etwa in den Wormser Prozessen erfolgte. Professionalisierung war danach dringend nötig, ob dieser Anspruch letztlich auch umgesetzt wurde, darf angezweifelt werden. Vielleicht ist es doch eher ein Etikettenschwindel.

Fragliche Institution

Vor Erstattung einer Strafanzeige suchen Opfer häufig nach Beratung und nehmen Kontakt zu Opferhilfevereinen auf. Diese Opferhilfevereine sind ausnahmslos einseitig parteilich und feministisch-ideologisch auf Opfer ausgerichtet und unterstellen wiederum den Opferstatus. Beraten werden ihrer Ideologie folgend lediglich Frauen, denn Männer sind potentielle Täter. Es kommt auch hier überhaupt nicht darauf an, ob jemand wirklich Opfer ist, sich nur selbst für eines hält oder bewusst keines ist: man muss dem Opfer immer glauben!

Oft tragen diese feministischen Opferhilfevereine bedeutungsschwangere Namen wie

  • Wildwasser (bundesweit)
  • Zartbitter (Münster und Köln)
  • Allerleirauh (Hamburg)
  • Zornrot (Hamburg)
  • Violetta (Hannover)
  • Zündfunke (Hamburg)
  • Lara (Berlin)

Fragliche Qualifikation der Mitarbeiterinnen

Vielfach ist die Qualifikation ihrer Mitarbeiterinnen, die als „Fachfrauen“ bezeichnet werden, fraglich, öffentlich zugänglich und dadurch nachprüfbar so gut wie nie. Diese „Fachfrauen“ qualifizieren sich selbst gerne als Therapeutinnen, ergänzt um bestimmte Phantasiebegriffe. Die Betitelung als systemischer Kinder- und Jugendlichentherapeut oder Traumapädagoge ist gesetzlich nicht geschützt und bietet daher keinen Nachweis einer fachlichen Kompetenz durch ein ggf. erfolgreich abgeschlossenes Studium. Selbst ein Abschluss als Heilpraktikerin für Psychotherapie bietet keinerlei Gewähr für die fachliche Kompetenz auf diesem Gebiet.

Die Arbeit dieser „Fachfrauen“ ist unserer Erfahrung nach laienhaft und ideologiebeladen – jedenfalls fernab jeder wissenschaftlich evidenzbasierten Arbeitsweise. Da wird angeblichen Opfern nach einem kurzen Gespräch mit großer Überzeugung vermeintliche Glaubhaftigkeit attestiert, bar jeder aussagepsychologischen Grundkenntnis mit laienhafter Begründung. Regelmäßig werden die Gespräche auch nicht dokumentiert, um ja nicht in die Verlegenheit zu kommen, diese Begründung als Zeugin vor Gericht vertreten zu müssen.

Die Folge ist, dass dubiose Vereine für Opferhilfe regelmäßig durch suggestive Einwirkung an der Entstehung oder Aufrechterhaltung von Falschbeschuldigungen beteiligt sind (dazu unten) oder Zeugenaussagen jedenfalls durch die suggestive Befragung entwerten.

Zudem verweisen die Opferhilfevereine gerne auf ihre Schweigepflicht. Nach § 53 StPO gilt diese jedoch nur für psychologische Psychotherapeuten oder für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, nicht jedoch für die Mitarbeiterinnen dieser Beratungsstellen und zwar ausdrücklich auch nicht für Heilpraktikerinnen.

Suggestive Einwirkungen auf eine Aussage

Erfolgt die Erstaussage nicht bei der Polizei, sondern – gänzlich undokumentiert – bei einer Opferhilfeeinrichtung, können suggestive Einflüsse auf diese Aussage nicht ausgeschlossen werden. Im Gespräch mit Dritten werden stets Fragen aufgeworfen, die sich ein Zeuge zuvor selbst noch nicht gestellt hatte und die dann unbewusst in deren Erinnerung einfließen können. Dieser Prozess kann zu einer Entstehung sogenannter Scheinerinnerungen führen. Bereits wie eine Frage formuliert und wie dann auf die Antwort reagiert wird, löst im Gehirn Prozesse aus, die später nicht mehr zu rekonstruieren sind. Aus diesem Grund ist die Erstaussage elementar, da diese möglichst unbeeinflusst erfolgen sollte.

Rolle bei Falschbeschuldigungen

Durch suggestive Einflüsse können verfälschte Erinnerungen entstehen. Positive Bestärkung durch die Vermittlung von Glaubwürdigkeit kann dazu führen, dass Erinnerungen, die selbst noch angezweifelt wurden, dadurch geglaubt werden. Fehlt eine sorgfältige Dokumentation lassen sich die originären Erinnerungen nicht rekonstruieren.

Die Verknüpfung von beratenden mit therapeutischen Angeboten kann erheblichen Einfluss auf das weitere Verfahren ausüben, vor allem dann, wenn diese nur gewährt werden sollen, nachdem eine Strafanzeige erstattet wurde.

Psychosoziale Prozessbegleitung

Die psychosoziale Prozessbegleitung ist eine besonders intensive Form der nicht-rechtlichen Zeugenbegleitung im Strafverfahren für besonders schutzbedürftige Verletzte vor, während und nach der Hauptverhandlung, die 2017 neu in die Strafprozessordnung (§ 406g StPO) aufgenommen wurde – zusätzlich zu der ohnehin an vielen Gerichten schon existierenden Zeugenbetreuung.

Die Prozessbegleitung soll geprägt sein von der Neutralität gegenüber dem Strafverfahren und die Beratung und Begleitung strikt trennen. Sie umfasst weder die rechtliche Beratung noch eine Aufklärung des Sachverhalts und darf nicht zu einer Beeinflussung des Zeugen oder einer Beeinträchtigung der Zeugenaussage führen (§ 2 Abs. 2 PsychPbG). Wie weit es mit dieser Neutralität her ist, beantworten die Ausführungsvorschriften der Länder, die teilweise verlangen, dass die psychosozialen Prozessbegleiterinnen an eine in Berlin „ansässige Opferschutzeinrichtung angebunden“ sein muss (z.B. § 1 Nr. 4 AGPsychPbG für Berlin).

Die Opferindustrie

Das Wort klingt böse, charakterisiert den Zustand allerdings leider zutreffend.

Psychosoziale Prozessbegleiterinnen werden meist von Opferhilfevereinen ausgebildet, oder über deren Zusammenschluss, dem Bundesverband der Frauenberatungsstellen (bff). Die neuntägige Ausbildung kostet erst einmal 1.800 Euro, die dann logischerweise über Prozessbegleitungen zurückgeführt werden, die über den Bundesverband bzw. dessen Mitgliedsvereine vermittelt werden. So entsteht ein schöner Wirtschaftskreislauf.

Opferanwälte betreiben „ihr“ Geschäft teilweise noch effektiver, indem sie sich in Opferhilfevereinen engagieren und im Gegenzug Mandantinnen vermittelt bekommen oder gleich eine regionale Zweigstelle leiten (z.B. vom Weißen Ring) und dadurch über einen unbegrenzten Zugriff auf Hilfesuchende verfügen, die alle von diesem Opferanwalt in der Nebenklage vertreten werden können. Man sitzt als Opferanwalt dann sozusagen direkt an der Quelle.

Im Übrigen finanzieren sich die Opferhilfevereine größtenteils aus Steuergeldern sowie Bußgeldzuweisungen der Staatsanwaltschaften und Gerichte, die natürlich vom Beschuldigten gezahlt werden. Auch hierdurch entsteht – dank staatlicher Beihilfe – ein einträglicher Wirtschaftskreislauf für die „kostenlose“ Opferhilfe.

Bekannt gewordene Beteiligung an Falschbeschuldigungen

Des Öfteren waren Opferhilfevereine direkt oder indirekt an der Entstehung oder Aufrechterhaltung von Falschbeschuldigungen wegen Sexualstraftaten beteiligt. Meist wurde die Beteiligung nie öffentlich, wie in zahlreichen Verfahren unserer Kanzlei.

Prominente Fälle sind u.a.:

Zartbitter und der Montessori-Prozess

Der Montessori-Prozess in Münster entstand unter maßgeblicher Mitwirkung von Zartbitter in Coesfeld. Das Verfahren sorgte ab 1992 für Aufsehen, als ein Erzieher des sexuellen Missbrauchs von Kindern beschuldigt wurde. Die Aussage eines Kindes, die von einer Zartbitter-Mitarbeiterin fehlinterpretiert wurde, führte zum Vorwurf des Missbrauchs an 55 Kindern in hunderten Fällen. Die suggestiven Befragungen und die parteiische Haltung von Zartbitter verhinderten lange eine sachliche Aufklärung der Vorgänge. Der Erzieher wurde nach zwei Jahren schließlich freigesprochen. Der Verein Zartbitter Coesfeld hat sich 2008 aufgelöst. Heute gibt es Zartbitter noch in Münster und Köln.

Wildwasser und die Wormser Prozesse

Im Jahr 1993 offenbarte sich eine Beteiligung von Wildwasser an den Wormser Prozessen. Auslöser der Verfahren war ein Scheidungsverfahren, in dem eine Frau ihrem Ex-Mann den sexuellen Missbrauch der gemeinsamen Kinder vorwarf, was in einer Feindschaft zwischen den Familien mündete. Die beiden Kinder lebten damals bei der Großmutter, die sich an das Jugendamt Worms wandte und von diesem an den Verein Wildwasser verwiesen wurde.

Eine Wildwasser-Mitarbeiterin befragte die Kinder mit fragwürdigen Techniken, die auf den Kinder- und Jugendpsychiater Tilman Fürniss zurückgehen (anatomisch korrekte Puppen, Märchenerzählungen, verhörähnliche Befragungen von Kindern, suggestive Fragestellung). Sie war überzeugt, Beweise für einen massenhaften Kindesmissbrauch gefunden zu haben. Die Indizien wurden von einem Kinderarzt bestätigt, zu dem Wildwasser die Kinder schickte. Es wurden 25 Personen unter dem Tatverdacht des sexuellen Missbrauchs von insgesamt 16 Kindern festgenommen.

Dokumentation: Verdacht Kindesmissbrauch – Der Justizskandal von Worms

Die Verfahren endeten 1997 mit dem Freispruch aller Angeklagten. Die Beteiligten waren jedoch trotz der Freisprüche sozial isoliert und finanziell ruiniert. Deshalb kehrten die meisten Kinder nie in ihre Familien zurück. Einige von ihnen wurden im Kinderheim „Spatzennest“ durch dessen Leiter tatsächlich sexuell missbraucht.

Wildwasser und der Fall Herbert Becker

Im Jahr 2004 wurde Herbert B. vom Landgericht Halle wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter zu zehn Jahren Haft verurteilt. Obwohl die Tochter selbst von dem Vorwurf abrücken wollte, wurde es von einer Wildwasser-Mitarbeiterin beeinflusst, damit es bei seiner Falschaussage blieb. 2010 wurde Herbert B. im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen.

Der Weiße Ring und der Kachelmann-Prozess

Ganz und gar unrühmlich war die Rolle des Weißen Rings im Kachelmann-Prozess. Dort ließ sich deren Pressesprecher, offenbar ohne jegliche Sachkenntnis zu der Verlautbarung hinreißen: „Die Wahrscheinlichkeit, dass sich jemand solche Taten ausdenkt, ist ziemlich gering.“

Die Nebenklägerin war durch einen Anwalt des Vereins vertreten. Gleich mehrere Mitarbeiter kümmerten sich rührend um das falsche Opfer. Nach dem Freispruch kritisierte der Verein die Signalwirkung, die der Kachelmann-Prozess haben könnte: Dadurch könnten Opfer davon abhalten, sexuelle Gewalt anzuzeigen. Schuld daran war aber keinesfalls das Verfahren an sich, sondern die Unterstützung des falschen Opfers durch den Verein.

Nach oben scrollen